Interview mit Jan Böhme – Pirate’s Life

Jan Böhme ist einer der Entwickler des Spiels “Pirate’s Life “, das seit 11. Jänner 2015 bei Steam Greelight präsent ist. Ich habe mich mit Jan bereits im Vorfeld unterhalten und er hat mir meine Fragen sehr detailliert beantwortet:

tom.io: Erzähl ein bisschen was zur Entstehungsgeschichte. Du hattest schon erwähnt, dass es sich um ein studentisches Projekt handelt. Wenn da aber ein so umfangreiches Spiel raus kommt, bin ich sicher, dass Du uns auch eine interessante Hintergrundgeschichte erzählen kannst!

Jan: An der Games Academy gehört es zur Ausbildung dazu, dass jeder Student pro Semester ein praktisches Projekt abliefern muss. Der Grund ist, dass man dadurch auch praktische Erfahrungen in der Spiele Entwicklung bekommt, versteht wie die Arbeit der verschiedenen Teammitglieder später zu einem Gesamtwerk zusammen kommt und einen kleinen Geschmack davon bekommt wie es ist später in einem Team zu arbeiten.

Das ganze läuft so, dass jeder der möchte einen Vorschlag pitchen (Anmerkung tom.io: das Konzept präsentieren) kann. Die Projektleitung der Games Academy trifft dann eine Vorauswahl und alle Projekte die dort akzeptiert werden stehen dann zur Verfügung, damit sich andere Studenten einschreiben können wenn sie Bock auf das Spiel haben.

Das Konzept von Pirate’s Life wurde von mir vorgeschlagen, wo es auch schon die erste Hürde gab. Normalerweise laufen die meisten Projekte eher so vor sich hin und am Ende sind sie teilweise nicht einmal wirklich spielbar oder man kann sie nur 10-15 Minuten spielen weil nicht mehr Inhalt da ist. Meistens liegt das daran, dass entweder Leute in den Teams sind die dazu “gezwungen” werden ein Projekt zu machen, aber sich eigentlich lieber auf das Lernen von theoretischen Skills oder Spezialisierungen konzentrieren wollen. Die liefern dann ihre Aufgaben entweder gar nicht ab oder stecken nur das Minimum an Arbeit rein. Andererseits kommen auch viele Studenten direkt nach der Schule zur Games Academy und haben keinerlei Erfahrung darin wie es ist wirklich zu arbeiten und sind der Meinung, dass ein bis zwei Stunden pro Woche am Projekt zu arbeiten völlig ausreichend sind. Das führt auch oft zu Spannungen in den Teams und wenn dann die Projektleitung oder der Team Lead nicht erfahren genug sind zerbrechen die Teams an Streit.

Aufgrund dieser Vorerfahrung ist die Games Academy Jury sehr skeptisch was anspruchsvolle und komplexere Designs angeht. Ich musste da also erst einmal viel Überzeugungsarbeit leisten, damit Pirate’s Life überhaupt durch die erste Auswahl kam. Mir war es wichtig zu beweisen, dass es möglich ist in drei Monaten ein Spiel auf die Beine zu stellen, welches man auch mal länger als ein paar Minuten spielen kann wenn man genug Arbeitszeit hineinsteckt. Zum Glück hatte ich bereits viel Erfahrung aus der Arbeitswelt (8 Jahre als Entwickler und Software Architekt) und konnte die Probleme die sonst in den Teams oft auftreten erkennen und so gut wie es geht eindämmen. Dadurch kamen wir auf eine überdurchschnittliche Entwicklungszeit von ca. 1700 Arbeitsstunden in drei Monaten. Der normale Arbeitsaufwand für ein Games Academy Projekt liegt irgendwo im Bereich von 200 – 500 Arbeitsstunden. Außerdem hatte ich viel Unterstützung von unserem Team Lead Christian Zollinger und unserem Programmierer André Moos. Gerade die beiden waren mit vollem Eifer dabei und André hat bereits in den ersten paar Wochen mehr Arbeit geleistet als die meisten Studenten in ihrer gesamten Projektzeit.

Eine schöne Geschichte kann ich auch noch zur finalen Präsentation erzählen. Nach Ablauf der Projektphase, wenn das Projekt den Goldmaster Staus erreicht hat, muss es vorgestellt werden und es werden die Punktzahlen darauf vergeben. An der Games Academy in Frankfurt ist es so, dass neben der offiziellen Projekt Jury auch Gäste aus der Industrie und Presse eingeladen werden. Unter anderem hatten wir zwei Mitarbeiter von Ubisoft Blue Byte da. Einer davon arbeitet an Siedler 8 und einer an den Anno Titeln mit. Für mich war das natürlich eine große Chance, da Pirate’s Life exakt in das Portfolio von Blue Byte passt. Entsprechend nervös war ich auch, aber als wir mit der ersten Powerpoint Präsentation durch waren und das Spiel starteten um den Game Loop zu präsentieren, saß der Producer von Siedler 8 erstmal mit offenen Mund da. Anscheinend hatte er bei uns auch nur mit einem Projekt gerechnet, das auf den ersten Blick gut aussieht, aber nicht wirklich spielbar ist. Danach war die Nervosität weg 🙂

Er war es auch, der nach der Präsentation zu mir kam, uns für die außergewöhnliche Arbeit gratuliert und uns empfohlen hat zu versuchen das Spiel über Greenlight zu vertreiben.
Erhalten haben wir dann auch die perfekte Punktzahl von 100%. In der Geschichte der Games Academy hat es bisher noch kein Projekt geschafft dies zu erreichen.

tom.io: Du hast Deine Vorerfahrung erwähnt und die Probleme, die sonst mit Teams auftreten können, vor allem bei einem Projekt im Umfang von 1700 Stunden – das klingt nach einer Menge Arbeit, vor allem was die Koordination des Teams angeht. Erzähle doch was übers Team!

Jan: Das Team besteht aus insgesamt sieben Studenten der Games Academy und gegen Ende der Entwicklungsphase stieß dann noch ein achter dazu, dessen Team sich aufgelöst hatte.

Wir hatten insgesamt fünf Studenten aus dem Bereich Game Art & Animation, die sich darum gekümmert haben die Modelle für die Gebäude, Personen, Schiffe, Insel, etc. zu erstellen und sie so vorzubereiten, dass die Programmierer sie integrieren konnten.

Zwei der Studenten kamen aus dem Bereich Game Programming. Der oben erwähnte André Moos hat sich um die Gameplay Programmierung gekümmert und den kompletten Kern und die Logiken des Spiels umgesetzt, er hat mir auch immer viel Input und gute Vorschläge für das Game Design gemacht. Sein Kollege hat sich mehr um optische Angelegenheiten. Z.B. um die Shader für Wolken und Bewegung der Bäume oder die Raucheffekte der Häuser gekümmert.

Außerdem noch mich als Game Designer und Projektmanager. Ich habe z.B. den Techtree und die Warenkreisläufe entworfen, festgelegt wie lange Produktionszeiten sind und im Projektmanagement immer geschaut, dass alle Aufgaben pünktlich und so wie gefordert abgeschlossen wurden.

tom.io: Das Spiel ist schon sehr umfangreich und durchaus als fertig anzusehen. Darum wollt ihr ja auch auf Greenlight. Angenommen, das klappt, was kommt dann? Habt ihr z.B. Updates geplant?

Jan: Da wir kein fest gegründetes Studio sind, sondern nur ein Zusammenschluss aus Privatpersonen von denen manche noch ihr Studium weiterführen müssen und manche in ihre neuen Jobs einsteigen, wird leider nicht allzu viel Zeit bleiben weiterhin an Pirate’s Life arbeiten zu können. Wir hatten zu Beginn des Projekts überlegt zwei weitere Features einzubauen, die aber aus Zeitgründen gestrichen werden mussten. Aktive Seeschlachten, die der Spieler selber steuert und eine unterirdische Ebene der Insel auf dem der Spieler á la Dungeon Keeper Gänge zieht und dort die illegalen Betriebe und Waren untergebracht werden. Allerdings sind beide Features schon fast eigene in sich geschlossene Spiele was den Aufwand an Balancing und Testing angeht. Deshalb haben sie es nicht in die Release Version geschafft. Ich würde sie gerne noch im Spiel sehen, aber ich gehe im Moment nicht davon aus, dass wir noch eine Art “Addon” für Pirate’s Life entwickeln können, da uns die Zeit dafür fehlt.

Die Version wird daher so wie sie im Moment ist auf Steam sein und es werden wahrscheinlich keine weiteren Features mehr dazukommen. Falls noch Bugs auftreten sollten die wir bisher nicht gefunden haben (und wir haben schon viele gefunden und behoben 🙂 ), dann werden die aber selbstverständlich noch mit Patches behoben.

tom.io: Wird es eine Demoversion geben?

Jan: Aktuell haben wir nicht geplant eine Demo Version anzubieten. Falls viele Leute danach fragen sollten, wird es vielleicht noch eine geben, aber da kann ich nichts versprechen. Das ist auch abhängig von der zur Verfügung stehenden Zeit.

tom.io: Eine häufig gestellte Frage bei dieser Art von Spielen ist, wie es mit der Kampagne ausschaut oder eventuell einen Multiplayermodus. Kannst Du dazu etwas sagen?

Jan: Da könnte ich auch leider wenig zu sagen. Pirate’s Life ist reiner Singeplayer, ohne eine Kampagne in der eine Story erzählt wird.

Man hat die Möglichkeit entweder ein “Standardspiel” zu spielen in der das Ziel ist möglichst viel Gold zu erbeuten, bevor die Royal Navy auf einen aufmerksam wird oder ein Endlosspiel ohne Zeitlimit in dem man entweder einfach nur so lange siedeln kann wie man möchte oder aus verschiedenen anderen Gewinnbedigungen auswählen kann. Z.B. Bestimmte Einwohnerzahl, Bestimmte Goldmenge, etc.

tom.io: Wenn Greenlight erfolgreich ist, kann man das Spiel bei Steam kaufen. Wie lang wird das dauern und was soll es kosten?

Jan: Auf den exakten Termin haben wir leider keinen Einfluss. Der Steam Greenlight Prozess ist was das angeht nicht sehr transparent. Wichtig ist, dass wir so viele positive Bewertungen im Voting bekommen wie möglich. Sobald Steam dann der Meinung ist, dass es sich lohnen würde (und das kann irgendwann sein) nehmen sie es in den Store mit auf und es kann gekauft werden.

Wir würden es dann zu einem Preis von 9,99€ pro Kopie anbieten.

tom.io: Vielen Dank für das Gespräch!

Dank für das Gespräch! Link zur Greenlight-Seite: http://steamcommunity.com/sharedfiles/filedetails/?id=372967830 

Link zur Checkliste: http://youtu.be/XyO20j7uwhg